Welche Intelligenz besitzt (d)ein Herz?

Intelligenz wird in unserer Kultur dem Kopf bzw. dem Gehirn zugeschrieben. So sind wir sozialisiert, kaum jemand würde das in Frage stellen. Was verstehen wir unter dem Begriff Herzintelligenz? Inwiefern kann ein Herz intelligent sein?

Zunächst darf man das Herz als mehr anerkennen als nur einen Muskel, der Blut durch den Körper pumpt. Obwohl diese Leistung für sich genommen schon sehr beeindruckend ist, denn das Herz pumpt bis zu 10 000 Liter Blut pro Tag durch einen erwachsenen Körper! Es schlägt dabei 60–80-mal pro Minute, 1200-mal pro Stunde, 100 000-mal pro Tag. Dabei fließt das Blut durch Blutgefäße mit einer Länge von ca. 100 000 km beim Erwachsenen. Allein diese körperliche Intelligenz, also die Tatsache, dass all diese Vorgänge automatisch und ohne unsere Kontrolle unaufhörlich im Hintergrund stattfinden, verdient Beachtung.

Welche Qualitäten hat ein Herz darüber hinaus?

Wir kennen es eigentlich bereits aus der sprachlichen Überlieferung: „das Herz rutscht in die Hose“, „mit Herz und Verstand“, „sich ein Herz fassen“, „sein Herz auf der Zunge tragen, usw. – in unserer Sprache finden wir viele Hinweise darauf, dass das Herz weit mehr ist als dieser bemerkenswerte Muskel im Körper.

Die meisten alten Kulturen sehen im Herzen den Sitz der Gefühle. Weiter besitzt es eineeigene Intelligenz, ein tatsächlich eigenes, vom Gehirn unabhängiges Nervensystem. Dieses ‚Gehirn des Herzens‘ besteht aus mindestens 40 000 Nervenzellen - so viele wiein einzelnenZentren des Gehirns zu finden. Diese sind strukturell mit den Neuronen des Gehirns vergleichbar.

Das Herz ist außerdem ein starker Rhythmusgeber des Körpers, es zieht die übrigen Körpersysteme in seinen Takt.

Zum Beispiel gibt es neben dem elektrischen Feld des Herzens auch ein gewisses Magnetfeld, das vom Herzen ausgeht. Es trägt Informationen in sich, vor allem über unseren emotionalen Zustand. Die Frequenzen von Ärger oder Frustration unterscheiden sich z.B. von denen aus Zuständen der Liebe, des Mitgefühls oder der Anerkennung. Diese Art der Vermittlung von Information ist in zwei Richtungen zu verstehen. Wir senden über unser Herz Signale aus, aber genauso können wir auch Signale von anderen Menschen bzw. Lebewesen empfangen. Wir sind also in der Lage, jenseits unserer bekannten 5 Sinne Informationen aus der Umgebung aufzunehmen. Wir nennen dieses Phänomen auch ‚Intuition‘. Diese Vorgänge sind messbar – und sie können (unbewussten) Einfluss auf uns haben, uns z.B. in eine gewisse Stimmung versetzen, ohne dass wir genau sagen könnten, warum.

Man kann also vereinfacht sagen, dass das Gehirn für das Denken zuständig ist und das Herz für die Gefühle und eine weniger bewusste Wahrnehmung.Diese beiden (Informations-)Quellen gilt es zu koppeln, also in Übereinstimmung zu führen. Wenn uns dies gelingt, sprechen wir von einer Herz-Hirn-Kohärenz. Dann sind wir in einem Zustand, in dem wir die Kraft beider Instanzen nutzen, um bessere Entscheidungen zu treffen und Herausforderungen besser und entspannter zu meistern.

Eigentlich nichts Neues: für viele antike Kulturen ist es das Herz, das unsere Emotionen, unsere Moral, unsere Entscheidungsprozesse maßgeblich beeinflusst. Das Hinzuziehen der natürlichen Qualitäten unseres Herzens erlaubt uns den Zugang zu einem unmittelbaren „Wissen“. Dies schließt das lineare Wissen ein, beinhaltet aber wesentlich mehr: die Kapazitäten von Gehirn und Herz in Kohärenz machen uns klarer, effizienter, kreativer. Menschen, die kohärent sind, blühen geistig, emotional und gesundheitlich auf. Der Zustand der Stimmigkeit von Verstand und Gefühlen, von bewusstem Denken und eher unbewussten Informationen, folglich auch von Geist und Körper, ist grundsätzlich in jedem Menschen angelegt. Wir alle haben das Potential eines solchen „Funktionierens“ in uns, es liegt in unserer Natur. Wunderbar zu erleben ist das, wenn man Kinder beobachtet, wie sie ihr Denken mit ihren Gefühlen koppeln und es zeitgleich auch körperlich ausdrücken.

Spätestens als Erwachsene haben vielegelernt, den Verstand über alle anderen Kanäle zu stellen und ihm die Hoheit über das äußere Verhalten zu geben. Das geht bis hin zu einer tatsächlich auf neuronaler Ebene manifestierten Unterdrückung von Empfindungen, die am Ende nicht einmal mehr als störende Impulse wahrnehmbar sind. Ein Beispiel, das der Hirnforscher Gerald Hüther während der Corona-Zeit gab, beschreibt, wie der Impuls im Gehirn erlischt, wenn z.B. der Wunsch, die Großeltern zu besuchen, wiederholt unterdrückt werden muss. Um die frustrierenden, traurigen Gefühle nicht wiederholt erleben zu müssen, werden Verknüpfungen von Nervenzellen regelrecht getrennt. Der Wunsch erlischt und somit auch die unangenehmen Gefühle. Allerdings bleibt der Wunsch auch dann aus, wenn der Besuch später wieder gestattet wird. Er ist bis auf weiteres gehemmt. 

Wie kann man also (wieder) umschalten vom gewohnten Betriebsmodus ‚Verstand‘ auf den ‚Herzmodus‘?

Man kann lernenzum Beispiel mit Anleitungen und geführten Meditationen oder durch Zeit in der Natur – sich wieder mehr mit seinem Herzen zu verbinden. Zunächst in geschützten, ruhigen Momenten kann man üben, die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken - zu sich selbst, zum Körper, zum eigenen Denken und Fühlen, zu seinem (physischen) Herzen. Dann auch weiter über die eigenen Umrisse hinaus in die Umgebung. Um innere Zustände positiv zu lenken, bedarf es einer regelmäßigen Praxis. Die vielen Techniken und Übungen hierfür haben eines gemein: der Körper kommt in Entspannung, die Aufmerksamkeit wandert nach innen, der Geist lernt zu beobachten, es werden echte positive Zustände wie z.B. der Dankbarkeit, Liebe oder Wertschätzung herbeigeführt. Später dient der Alltag selbst der Übung.

Der Lohn ist verlockend: eine Rückkehr zu mehr Herzqualität sorgt für innere Stabilität, mehr Kreativität und Lebensfreude. Der Körper ist in der Lage, sich selbst besser zu regulieren, Selbstheilungskräfte werden angeregt, physiologische Systeme kommen ins Gleichgewicht. Es entsteht generell spürbar mehr Lebensqualität, die sich auch in mehr Harmonie in unserem Leben ausdrückt. Mit entspannteren Beziehungen und Erlebnissen im Kontakt mit der äußeren Welt.

„Liebe ist eine transformative Kraft. Wenn wir lernen, aus dem Herzen zu leben, verändern sich nicht nur unsere Emotionen, sondern unser gesamtes biologisches System kommt ins Gleichgewicht.“ Doc Childre, Gründer von HeartMath Institute.